Eine fulminante Premiere

Kevelaer. Das erste Konzert des neuen Theaterchors Niederrhein war sofort ausverkauft. 80 Sänger und Sängerinnen erzählten und spielten in Kevelaer Liedergeschichten. Das kam an. Chorleiter Tom Löwenthal hofft auf eine Tradition. Von Bianca Mokwa

Von einem „magischen Moment“ spricht einer der Zuschauer, der beim ersten Konzert des Theaterchors Niederrheins im ausverkauften Konzert- und Bühnenhaus dabei war. Die Sänger und Sängerinnen verlassen die Bühne, stellen sich an die Seiten der Zuschauerreihen und besingen das Publikum sozusagen von allen Seiten. „Gänsehaut“ verspürte auch Sängerin Christina Derix in diesem Moment.

Chorleiter Tom Löwenthal nennt es einen „tollen Abend, ein Musikfest“. Genau so hatte der Kirchenmusiker und Komponist es sich vorgestellt. Er spricht von einer neuen Richtung, Operette und Musical, von Laien vorgetragen. „Mit eigenen Leuten aus Kevelaer“, sagt der Niederländer, der in Amsterdam und Kevelaer zu Hause ist. So etwas ähnliches hatten auch Marloes Lammerts und Christina Derix im Kopf, als sie über die Gründung des Theaterchors Niederrhein nachdachten. Für die Ideengeber ist Gesang viel mehr als nur mit einem Notenblatt auf der Bühne zu stehen. „Singen ist auch erzählen“, sagt Lammerts. „Das kommt auch beim Publikum an“, ist Derix überzeugt.

„Das hätten wir überhaupt nicht erwartet“, war eine Aussage, die Derix nach dem Konzert immer wieder zu hören bekam. Und das war positiv gemeint. Das Repertoire reichte bei der Premiere vom Medley aus Les Miserables über das emotionale „You raise me up“ bis zum vertonten „Wiegenlieder für Arbeitermütter“ von Berthold Brecht. Beim Lied „Eine kleine Sehnsucht“ legten die singenden Frauen keck ihre Hand in die Hüfte und setzten sich an den Bühnenrand. „Wie Marlene Dietrich“, erklärt Derix. „Das passt so zum Lied und zu der Zeit.“ Mit einem Handkuss wurde das Lied beendet. Angedeutete schauspielerischen Sequenzen sind gewollt. Zum Lied „Red is the Rose“ kniete sich die Solistin in die Mitte, die anderen postierten sich wie Blütenblätter um sie herum. „Man muss wissen, was man singt“, sagt Lammerts. Die Lieder werden gefühlt, der Inhalt bildlich umgesetzt. Dabei hilft ein Regisseur, den Chorleiter Löwenthal mit ins Boot holte. „Es ist wie Zahnräder, die ineinander gegriffen haben“, beschreibt Lammerts den Prozess der Idee, einen Theaterchor zu gründen, bis zur Premiere. Der Weg dorthin dauerte nicht länger als ein halbes Jahr.

80 Leute standen auf der Bühne. Menschen, die sich im Oktober erst zusammengefunden haben. „Am ersten Abend ging die Tür auf und die Massen strömten rein“, erinnert sich Derix an den Augenblick, als 110 Menschen zur ersten Probe kamen. „Die älteste Sängerin ist 81 Jahre, das Küken ,Baujahr 99′“, sagt sie. Es sind Sänger mit Chorerfahrung (Lammerts singt seit 35 Jahren) und solche, die noch nie gesungen haben. Die Kunst besteht darin, alle unter einen Hut zu bekommen. „Ein Glücksgriff“, „einen echten Profi“, nennt Derix Chorleiter Tom Löwenthal.

Seine Vorgabe: Auswendig singen. Bei Auftritten hält keiner ein Textblatt in der Hand. Geht auch nicht, denn es wird nicht nur gesungen, sondern auch agiert. „Die Latte liegt jetzt hoch“, sagt Lammerts nach dem fulminanten Auftritt. Unterstützt wurden die Sänger von tollen Musikern: Elmar Lehnen saß am Flügel, Romano Giefer spielte Keyboard und Akkordeon. Der Orchestergraben im Konzert- und Bühnenhaus war an diesem Abend mit Musik und Leben gefüllt. „Da kommt mit Sicherheit noch was“, wagt Derix einen Blick in die Zukunft des Theaterchors Niederrheins. Erst einmal geht es aber mit Proben weiter. Die finden immer dienstags um 20 Uhr im „Goldenen Apfel“ statt. Neue Sänger (vor allem Tenor) sind willkommen: Infos unter 02832 2537 (Christina Derix) oder 02832 3944 (Marloes Lammerts).

Quelle: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/kevelaer/eine-fulminante-premiere-aid-1.5937827